Last updated on 2021-12-09
Das Jahr hat langsam begonnen, und das war auch gut so. Wie jedes Jahr tobte hier in Hamburg-Ost sowas wie Bürgerkrieg; wie jedes Jahr waren wir genervt; wie jedes Jahr haben die Spinner quasi Weihnachten angefangen zu böllern, und um den 8. Januar dann langsam aufgehört. Und wie jedes Jahr, aber dieses Jahr noch viel mehr, wünsche ich mir, dass dieses Geböller einfach verboten wird, und Feuerwerk nur noch in die Hände von Profis darf. An Kanonenschlägen nachts um 3 ist nichts, aber auch gar nichts witzig oder unterhaltsam. Alle Haustiere im Umkreis und deren Menschen tun mir leid. (Ich möchte gar nicht wissen, wie es Menschen geht, die aus Kriegsgebieten kommen.) Und dann wären da noch so unbedeutende Dinge wie Brandgefahren, und die Luftqualität draußen. Wir haben uns das Feuerwerk, solange die Luft noch keine Schwarzpulversuppe war, hinter der Fensterscheibe angeschaut, zumal auf der Straße reichlich Batterien abgefeuert wurden. Ich möchte weder von einer Rakete getroffen werden, noch meine Lunge den Schadstoffen dieses Irrsinns aussetzen.
Wo ich gerade bei Lunge bin – die Wärme des Januars hat mir ziemlich zu schaffen gemacht – Pollenflug deluxe. Ganz extrem hat mich das bei unserem Ausflug nach Brühl und Brüssel Mitte des Monats erwischt, ohne Antihistamine bekam ich nicht mal annähernd genug Luft. Auch mit war das eher unbefriedigend und verdammt mühsam. Das kann ein lustiges Jahr werden…
Immerhin war es schön, dass es geklappt hat, dass der Liebste zu seinem Geburtstag frei hatte. Wir sind nach Brühl gefahren, haben uns dort im Max-Ernst-Museum die sehr schöne und inspirierende Moebius-Austellung angesehen, und dann gleich noch unseren Horizont erweitert, und uns (logischerweise) auch die Max Ernst-Austellung angeschaut, bei der es ein paar durchaus spannende Querverbindungen gab. Von dort ging es zur Übernachtung weiter nach Hasselt.
Der kleine Gin/Tonic-Shop dort hat den Besitzer gewechselt, was schade ist. Die Stadt baut ganz massiv Wohnblöcke mit Nobelshops rund um den alten Hafen herum, womit dann auch viel vom alten Charme einem hochmodernen und steril-austauschbaren Look a la Hafen-City weicht – ich habe das Gefühl, Hasselt hat mich das letzte Mal gesehen.
Vom dort ging es weiter ins nahe Brüssel. In Brüssel einen P&R-Parkplatz zu ergattern, ist quasi unmöglich. Klar, das ist ja auch der Sinn von P&R, die Leute daran hindern… am Ende landeten wir wieder auf dem Parkplatz des Atomiums, wo wir mit Glück noch einen Platz fanden. Etwa 15 Minuten später war der Parkplatz dank stattfindender Messe voll. In 1 Jahr fällt aber auch diese Option raus, dann darf man mit Euro 4-Diesel nicht mal mehr bis zur Messe fahren. In anderen Worten, dann wird es attraktiv, den Flieger nach Brüssel zu nehmen. Das spart ja dann CO2…
Wir hatten uns mit einer Brussels Card versorgt, 72 Stunden Eintritt in 40+ Museen und ÖPNV. Das lohnt sich so ungefähr ab dem 4. Museum, in 72 Stunden also kein Ding. Das Ticket kann man problemlos online kaufen, die ÖPNV-Karte gibt’s dann mit Zahlencode am Automaten, alles problemlos. Wir haben die Zeit und das Ticket gut genutzt, viel Spaß gehabt, das Wetter reichte von sonnig (am Tag an dem wir Stationen des ComicStripWalks abarbeiteten) über durchwachsen bis regnerisch, aber es war ein schönes langes Wochenende, dessen Highlight für mich das Comic-Museum war. Daneben waren wir im Chocoversum (naja), in der Sonderausstellung des Automuseums unter dem Titel Best of British, und im militärhistorischen Museum, Flugzeuge gucken. Des weiteren haben wir bei BOZAR eine Keith-Haring-Sonderausstellung angeschaut, und die Train World in Schaerbeek.
Insgesamt sind wir aber zum Schluß gekommen, dass Städtetrips für uns einfach nichts mehr sind. Dazu hat das reichliche Kopfsteinpflaster in Brüssel beigetragen, vor allem aber die Menschenmengen. Kurz mal rein, ein Museum, essen gehen – okay. Aber mehrere Tage, das muss nicht sein.
Anfang Januar hatte ich meinen ersten Schöffen-Termin des Jahres, der ja schon seit November feststand (vorverlegt wegen Haft). Neuer Richter, neuer Gerichtssaal, neuer Mitschöffe.
Am 31. Januar schließlich hat sich UK aus der EU verabschiedet, und die Vereinigten Staaten haben sich von den Grundprinzipien des Rechtsstaates verabschiedet. Ich hatte nicht gedacht, dass ich in meiner Lebenszeit ein Wiedererwachen des frühen 20. Jahrhunderts erleben würde. Umso mehr gedenke ich, das bisschen Leben, das uns bleibt, mit angenehmen Erlebnissen zu füllen.
Lesezeug:
- Jill Gutowitz bei Teen Vogue zum mehr oder weniger Fehlen von nicht-weißen nicht-männlichen Nominierungen bei den diesjährigen Oscars, und warum representation matters.
- Henry Grabar bei Slate über japanischen Staudenknöterich, der sich zu einer alles überwuchernden Pest auf dem ganzen Planeten entwickelt.
- Anika Meier über den beständigen Content-Druck, den insbesondere Instagram für Kreative mit sich bringt.
Das Wetter war insgesamt deutlich zu warm; einige verregnete Tage, einen Tag Schnee und Schneeregen, aber Winter ist im Grunde ausgefallen. Und soweit es mich betrifft, darf das gerne so bleiben.
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